WEBA Werke Ober-Ramstadt

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma Köhler, die ursprünglich 1871 mit Dietrich und Winselmann in Altenburg ein gemeinsames Nähmaschinenwerk aufbaute, ebenso wie die bis dahin inzwischen auch eigenständig agierenden Firmen Dietrich und Winselmann (völlige Demontage) enteignet und ins ostdeutsche Volkseigentum überführt. Die zugehörigen Stiftungen dieser Firmen wurden zunächst „eingefroren“, dann aber 1952 für ungültig erklärt und in Volkseigentum überführt. Als erste Firma war Köhler in Altenburg nach dem Krieg wieder arbeitsfähig und lieferte Nähmaschinen

als Reparationsleistung in die Sowjetunion. 1948 erfolgte die Zusammenlegung von Köhler und Dietrich zum VEB Nähmaschinenwerk Altenburg (siehe Altenburg/Köhler/Textima). Für die erste Hälfte der 1950er Jahre wurde dieses Kombinat der führende Nähmaschinenlieferant der östlichen Welt und konnte den technischen Entwicklungen des Westens mit nur unwesentlicher Verzögerung folgen.

Köhler Nähmaschinen hatten über den Krieg hinweg ihren guten Ruf im In- und Ausland bewahrt. Infolge der Enteignung und Überführung in Volkseigentum entschloss sich Dr. W. Köhler, der dem Haus Hermann Köhler AG, Altenburg entstammt, in München-Grünwald

die Nähmaschinenfertigung im Westen neu aufzunehmen.

Zugleich vergab Dr. W. Köhler die Namensrechte an die WEBA, sodass in dieser Folge drei verschiedene Köhlerprodukte in Ost- und Westdeutschland in den

Handel kamen.

 

Man muss vermuten, dass im ersten Jahr des Betriebs der WEBA auch Kleinteile für Nähmaschinenfabriken in Altenburg gefertigt wurden. Da die Produktion von Nähmaschinen ab 1942 gänzlich auf Rüstungsgüter umgestellt wurde, ist die Produktion in Ober-Ramstadt mit großer Sicherheit auch ausschließlich der Rüstungsproduktion angepasst worden. Diese Verbindung zu ostdeutschen Produktionsstätten des Maschinenbaus kann als Keimzelle für die Friedensproduktion der WEBA nach

dem Zweiten Weltkrieg angesehen werden: Die Nähmaschinenfabriken in Altenburg (Köhler, Winselmann und Dietrich) wurden enteignet und/oder demontiert. Die nicht demontierten Fabriken wurden bis 1952 in Volkseigentum überführt. In dieser Folge zogen Kapital, vor allem Wissen und Fachkräfte nach Westen. So auch nach Ober-Ramstadt.

 

In der Phase zwischen 1945 und (vermutlich) 1948 unterstand die WEBA

treuhänderisch der alliierten Besatzungsmacht. Zudem war der „Betriebsführer“

von den Siegermächten interniert worden. Nach 1948 wurde mit dem beginnenden „Kalten Krieg“ und dem enormen Bedarf an Gütern des alltäglichen Lebens in der WEBA die Entscheidung getroffen, mit der Nähmaschinenproduktion eine Fertigungsnische zu

besetzen, da spezielles Wissen aus der Ostzone angeworben wurde, sowie Fachkräfte und Werkzeugmaschinen noch aus der Kriegszeit zur Verfügung standen.

 

1949 muss man als den Startpunkt der Nähmaschinenproduktion in Ober-Ramstadt ansehen. Auf der Industriemesse in Hannover wurde 1950 die erste WEBA-Nähmaschine vorgestellt. Ab 1953 übernahm die WEBA die Rechte am Namen VESTA (Dietrich), sowie 1954 die Rechte am Namen KÖHLER (beide aus Altenburg).

 

Der Deutschen Nähmaschinenzeitung von 1950 ist zu entnehmen: „Es wird zunächst eine Bahnschwinggreifermaschine (Zentralspule) geliefert. Das Oberteil besitzt eine neue gefällige Form. Unterhalb des Armes ist eine Sofittenleuchte eingebaut. … In etwa 3-4 Wochen wird ein Zickzack-Apparat geliefert, der dem bewährten und bekannten Würker-

ZickZack-Apparat entspricht. Das gezeigte Muster ist in seiner Ausführung sauber und solide abgearbeitet.“

 

Schon 1951 werden Verbesserungen an der Maschine publiziert: „Die Fadenspannung ist mit einstellbarem Anschlag für die Fadenanzugsfeder versehen. Elektrischer Antrieb an Stelle des Fußantriebs ist möglich. Neue Möbel, darunter eine formschöne Vitrine in Nußbaum, bei der der linke Teil der Tischplatte etwas breiter ist als der rechte Teil,

fielen angenehm auf. Die Maschinen werden in Schwarz, Elfenbein, Stahlblau, Grün und Weinrot geliefert.“

 

Als Fazit gilt es festzuhalten, dass WEBA im Konzert der bekannten Nähmaschinen-

hersteller Fuß gefasst hatte. In den Austellerverzeichnissen der Messen in Hannover und Frankfurt wird die WEBA begleitet von so namhaften Herstellern wie Anker, Gritzner, Haid & Neu, Adlerwerke, Meister-Werke, Pfaff, Phoenix, Torpedo-Werke und Zündapp.

 

Text: R. Reinmöller

WEBA Fabrikgelände Ober-Ramstadt
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Übersicht der WEBA-Nähmaschinen für den Export, 1. Hälfte der 1950er Jahre
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WEBA-Nähmaschinenprospekt, späte 50er Jahre
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WEBA Anzeige späte 50er Jahre
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