Haid & Neu

Haid & Neu

Zur Geschichte.

Haid & Neu Gloriosa (Liberia) B

Hocharm-Längsschiff Haushaltsnähmaschine Gloriosa (oder Liberia) B,  ca. 1902, Hersteller: Nähmaschinenfabrik Karlsruhe AG, Haid und Neu (Bilder: H. Demmer)
Hocharm-Längsschiff Haushaltsnähmaschine Gloriosa (oder Liberia) B,  ca. 1902, Hersteller: Nähmaschinenfabrik Karlsruhe AG, Haid und Neu (Bilder: H. Demmer)

Haid und Neu hatte sich schon vor dem ersten Weltkrieg im In- und Ausland einen guten Namen gemacht mit qualitativ hochwertigen, aber preiswerteren Haushaltsnähmaschinen. Diese Längsschiff- Haushaltsnähmaschine Gloriosa B mit der Produktionsnummer E554257 war eine Entwicklung aus von Haid und Neu nach Singer-Vorbild, aber einfacher, wohl als Konkurrenzangebot Singer gegenüber. Viele Bauteile sind auch mit der Endziffer der Seriennummer dieses Exemplars gestempelt, eine höher stehende 4 und darunter 25 und mit Lücke eine 7, sogar die damit wohl noch originale Stichplatte. Ein Zeichen der noch weitgehenden Handarbeit, damit man nur zueinander passend gefertigte Teile an der jeweiligen Maschine verbaute.

 

Ausgehend vom Jahr 1907, in dem die 1.000.000 ste Maschine gefeiert wurde, darf bei stark ansteigender Produktion nach 1900 mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 100.000 rechnen. Bis 1914 steigerte sie sich sogar auf 150.000. Daraus ergäbe sich als wahrscheinliches Herstellungjahr 1902. Haid und Neu verwendete eine fortlaufende Nummerierung. Die von mir gewählte Namenszuordnung Gloriosa B erfolgte an Hand von Bildern anderer baugleicher Maschinen.Vermutlich wurde sie öfter Excella B genannt, da gibt es aber noch mehrere nicht baugleiche Typen mit diesem Namen, sicher ist auch der Name Liberia B für diesen Maschinetyp: (http://needlebar.org/cm/displayimage.php?pid=5300) , sowie Namen von abnehmenden Händlern vor allem in Europa und den europäischen Kolonien, in Indien und Afrika. Dabei wurden die Namen auch für zeitgleich produzierte Schwingschiffmaschinen verwendet, mit anderen nachfolgenden Buchstaben.

 

Zunächst ab 1860 hatten den Gründern Haid und Neu Maschinen von „Grover and Baker“ als Vorbild gedient. Nach Umwandlung in eine AG, spätestens seit 1885 hatten sich Singer-Vorbilder durchgesetzt. Vielen Nähmaschinenfabrikanten dieser Zeit dienten die „New Family“ Domestic-Modelle der Singer Klasse 12 und deren Nachfolger als Vorbild. So baute Pfaff seine Typ B fast identisch zu der Gloriosa B von Haid und Neu. Wer hier was kopierte, lässt sich nicht mehr sagen. Mehr oder oft weniger geschickt änderte man technische Details und verwendete dabei alternative, patentierte eigene Entwicklungen, um sich teuren Lizenzforderungen zu entziehen. Die Ähnlichkeit der Gloriosa B vor allem in fast allen Abmessungen und in der Gehäuseform mit der zeitgleich erschienenen Singer 48K ist dennoch unübersehbar, wenngleich wesentliche technische Unterschiede bestehen. Die Singer wirkt nur geringfügig massiver.

 

 

Hauptabmessungen ca. in mm

Gloriosa B

Singer 48K

Grundplatte

325x170

330x160

Höhe am Maschinenkopf ohne

Schrauben/Stangen

200

200

Größte Durchgriffweite ab Nadel bis Armstütze diagonal

195

200

Min. Durchgriffweite ab Nadel bis Armstützenfuß waagerecht

160

160

größte Durchgriffhöhe 

125

125

Handrad Durchmesser

160

160

 

Gewicht in kg, ca., ohne Brett, ohne Kurbelantrieb oder Motor

8,5

(11,1 komplett mit Brett und Kurbel)

8,7

 

 

Die Gloriosa B wurde als Handkurbel-Tischmaschine auf einem Grundbrett mit Ausschnitt (in dem eine Blechwanne liegt) produziert, das sich auf ein Tretgestell aufsetzen liess. Das Grundbrett enthält auch ein Zubehörfach unter dem Handrad, welches mit einem Holzschieber verschlossen ist. Zusätzlich gab es eine abschließbare Kofferhaube, die leichten Transport ermöglichte. Die zum Verstauen in der Kofferhaube abklappbare, etwas tiefer angebrachte Handkurbel arbeitet mit einer Übersetzung von 1:2,5 auf eine zum Handrad konzentrische Kurbel mit abklappbarem Federtopf-Mitnehmer, der zwischen zwei Speichen des Handrads eingreift. Da das Übersetzungsgetriebe die Drehrichtung umkehrt, muss die Handkurbel immer rechts herum gedreht werden.  Wenn die Maschine für den Tretantrieb auf einen Tisch gesetzt wurde, konnte man die Handkurbel ausser Betrieb setzen und den Lederriemen auf die verdeckte Riemenscheibe vor dem Handrad durch Löcher in dem Grundbrett und der Tischplatte aufziehen. Eine Motorisierung ist kaum möglich, es sei denn, unter einer Tischplatte. Zum einen fehlt eine Standardbefestigungschiene, zum anderen müsste der allseitige Riemenschutz weggelassen werden, an dem aber der Spuler befestigt ist. Wobei zu berücksichtigen ist, dass die Mechanik auch nicht auf hohe Nähgeschwindigkeit ausgelegt ist. 

 

Das Dekor dieser Maschine zeigt aufgereihte Bukets aus Gänseblümchen und Vergissmeinnicht mit einigen fliegenden blau-weissen Schwalben, leider größtenteils abgenutzt und unvollständig. Am Arm war vor der Reinigung noch der Rest einer Händler-Beschriftung „… Kohlenbecker Heidelberg“ zu erahnen.

 

Die Drehung des Handrads wird mittels abklappbarer Klinke von einem Mitnehmerring auf die Armwelle übertragen. Weiter wird die Drehung der Armwelle in der Armstütze mit einem Kegelradgetriebe auf eine Königswelle nach unten übertragen, wo sie nahezu identisch wie bei der Singer 48K (Beschreibung siehe dort) das Schiffchen und den Transporteur antreibt. Auch die Stichlängenverstellung arbeitet identisch. Der Vergleich der Bilder der Maschinenunterseiten ist verblüffend, eine solche Gleichheit findet sich aber z. B. auch bei zeitgenössischen Gritzner-, Junkers und Ruh- sowie Frister und Rossmann-Langschiffmodellen. 

 

Im Maschinenkopf endet die Armwelle mit einer Scheibe, auf deren Rand eine waagerechte Rolle angebracht ist, die als Kurbelexzenter in eine an der Nadelstange befestigte Platte mit eingefräster Kurvenrille eingreift. Die Nadelstange und die Stoffdrückerstange sind aus trapezförmigen Stahl gearbeitet. Die Führung der Stangen liegt in der dicken Gusseisen-Kopfplatte. Das ist der auffälligste Unterschied zu zeitgenössischen Singer-Maschinen, die schon zylindrische Stangen und eine Blechabschlussplatte haben. In der dicken Kopfplatte sitzt auch die Blattfeder, die mit einem Niet die rechts unten an der Kopfplatte angebrachten Fadenspannungsscheiben anzieht. Sie wird mit der stirnseitig rechten Schraube auf der Kopfplatte reguliert, die ein spitzes Ende hat und die Feder über Hebelwirkung mehr oder weniger spannt. Die Stoffdrückerstange ist hohlgebohrt und nimmt die zylinderische Druckfeder auf, die von der linken Schraube auf der Kopfplatte in der Spannung verstellt werden kann. Die Schraubenenden sind mit einem Zierrändel mit „Pickel“ darüber versehen wie man sie oft auf Maschinen zwischen 1850 und 1900 sieht. Auch auf der Nadelstange sass so ein Pickel, der aber bei dieser Maschine nur zur Zierde angebracht war und leider abgebrochen ist. Jetzt sitzt dort die Spitze der ebenfalls abgebrochenen Spannungsverstellschraube, der Rändel daran funktionslos. Bei vielen älteren Maschinen saß hier auch eine Schraube mit Kontermutter, die den oberen Anschlag des in dem Nadelstangen-Schlitz laufenden Fadenlegehebels als sogenannter „Fadenregulator“ anpassen konnte. Damit konnte die Länge des Fadenanzugs von der Garnspule fein eingestellt werden. Voraussetzung war natürlich eine federnde Lagerung des Fadenlegehebels. Auch die Singer 48 hat einen verstellbare Höhenanschlag des Fadenhebels durch einen in der Nadelstange eingelassen Zylinderstift, der von einer seitlichen Schraube fixiert wird und, richtig justiert, nie verändert wird. Die Verstellvorrichtung wurde wegen der unmerklichen Veränderungen (der Fadenbedarf gleicht sich bei Fadenanzug von selbst aus) selten genutzt und bei späteren Konstruktionen weggelassen. Der Fadenlegehebel wird bei der Gloriosa B ohnehin durch eine Steuerkurve in einer Walze auf der Armewelle ohne spürbares Höhenspiel bewegt. Dazu dient ein Hebel aussen an der Hinterseite des Maschinenkopfes. Das ist ein weiterer, sichtbarer Unterschied zur Singer 48K, die den Fadenhebel von innen gegen eine Feder steuert. Internetfotos verschiedener anderer älterer und neuerer Langschiff-Maschinen von Haid und Neu zeigen, dass man Singers Nadelstangenbauweise mit federndem Fadenhebel durchaus anwendete. Bei „Needlebar“ findet sich z B. eine „Saxonia“: http://www.needlebar.org/cm/displayimage.php?album=424&pid=3519#top_display_media . Auch eine kürzlich zur Auktion angebotene Excella B mit niedrigerer Produktionsnummer hatte deutlich sichtbar den federnden Hebel. Die Gloriosa B ist also bewusst einfacher gebaut worden, ob exportbedingte Lizenzgründe oder die Preisgestaltung eine Rolle spielten, bleibt verborgen.

 

Damit fehlt der Gloriosa B eine Fadenanzugsfeder. Auch an anderer Stelle ist im Fadenverlauf kein federndes Element eingebaut. Man vertraute offensichtlich der geringen Nähgeschwindigkeit und der konstruktiven Auslegung der Fadenlegehebel-Bewegung abgestimmt auf den Fadenbedarf. Sie wurde so gebaut, dass nach Festziehen der Schlinge in der Naht kein übermäßiger Ruck auf das Garn ausgeübt wird, wenn der Faden durch die Spannungssscheiben nachgezogen wird. Ein wesentlicher Nachteil der Haid und Neu Gloriosa B gegenüber anderen zeitgenössischen Maschinen besteht vor allem in der dadurch relativ häufig notwendigen Nachregulierung der Oberfadenspannung je nach Stoff und Garn, was für die an sich unkomplizierten Langschiffmaschinen eher untypisch ist. Ist die Oberfadenspannung zu gering, wird der Oberfaden durch den Stoff gezogen, schlimmstenfalls bilden sich Schlaufen an der Nahtunterseite, ist sie zu stark, wird der Unterfaden nach oben gezogen oder es reisst der Oberfaden.

 

Die Nadelstange führt wie bei allen Schiffchenmaschinen einen kleinen wippenden Gegenhub im unteren Totpunkt der Nadelstangenbewegung aus. Damit wird die Schlingenbildung durch Entlastung des Nadelfadens während des Einfahren des Schiffchens in die Schlinge erleichtert. 

 

Die Fadenführung erfolgt von der Garnspule i. R. auf dem linken Spulenhalter über die aus Draht gebogene Fadenführung an der oberen Ecke des Maschinenkopfes, dann noch einmal hinter diese und herunter unter die Spannungsscheiben, dann wieder nach oben durch die Hakenöse des Fadenlegehebels, nach unten hinter der breiten Fadenführung mitten auf der Kopfplatte und durch die Einkerbung am Nadelhalter und über den kurzen Fadenführungshaken vorne am Nadelhalter direkt in die Fadenrinne und das Öhr der Nadel. An der Kopfplatte befindet sich an der linken unteren Ecke auch ein kleiner Fadenabschneider. 

 

Die Maschine arbeitet mit den bei Längsschiffchenmaschinen verbreiteten, noch erhältlichen Rundkolbennadeln des Typs 339. Deren Rundkolben ist auffallend dünn. Ein weiteres eher altes Konstruktionsmerkmal ist die Befestigung der Nadel ohne festen Höhenanschlag in einer seitlichen Nadelrinne am linken unteren Ende der Nadelstange. Es dürften auf Grund dieser Konstruktion auch andere Nadeltypen passen, wenn der Kolben nicht zu dick ist und sie lang genug sind. Ggf. muss man mit Höhe spielen. Der Nadelhalter, der auch die beschriebene letzte Fadenführung enthält, drückt den Nadelkolben von links in diese Rinne. Die Höhe der Nadel wird mit einer sogenannten Nadelmarke ermittelt, eine waagerechte Kerbe am oberen Ende der Nadelstange. Die Nadel wird von vorne nach hinten eingefädelt, folglich muss die lange Fadenrinne auf der Nadel exakt nach vorne zeigen. Zuerst muss die Nadelstange ganz oben stehen. Zum Einsetzen der Nadel sollte der Nähfuss abgeschraubt sein. Man setzt die eingefädelte (!) Nadel im leicht gelösten Nadelhalter ein und hält sie mit linkemDaumen und Zeigefinger fest. Dann dreht man die Maschine soweit in Nährichtung, dass die Nadelmarke gerade auf Höhe der oberen Kopfplattenkante zu Stehen kommt. Dann schiebt man die Nadel genau in die Höhe, in der der eingefädelte Faden auf Höhe der Stichplatte durchs Öhr geht. Den nach hinten gehenden Faden spannt man dazu waagerecht mit den restlichen Fingern. In dieser Höhe zieht man die Schraube am Nadelhalter fest. Anschließend montiert man den benötigten Nähfuss und reguliert dessen Andruck nach Stoffart. Da bei dem Nadeleinsetzen weder die Nadelstange in der Höhe verschoben noch die Nadel verdreht werden darf, ist der Vorgang etwas kompliziert. Zudem muß die Höhe je nach Garnart etwas variert werden, was durch eine Probenahtfestzustellen ist, natürlich mit richtiger Fadenspannung. Bei zu hoher Nadel kommt entweder kein Stich zustand, oder es reisst der Faden, bei zu tiefer Nadel kommt es zu Stichaussetzern. Andere zeitgenössische Maschine machen das Nähen deutlich einfacher, wie z. B. die sehr ähnliche Singer 48K, die dem Verfasser auch zum direkten Vergleich zur Verfügung steht. 

 

Der sicher abeitende Spuler in für diese Maschinen allgemein üblicher Bauart, mit sichelförmigem Fadenleitblech und automatischer Abschaltung legt das Garn sauber Schicht für Schicht auf die Spule. Zum Aufspulen wird die Oberfadengarnrolle auf den rechten Halter gesteckt, der Faden durch eine Fadenführung sowie die Spannungsscheiben oben am Riemenschutz und unter das Fadenleitblech am Spuler geführt. Dann wird das Garnende durch das Loch auf der rechten Scheibeder Spule geführt und die Spule zwischen den Spulerlagern eingeklemmt, wofür das linke Lager federnd etwas nach links gezogen werden kann. Ein federnder, exzentrisch angebrachter Dorn im rechten Lager greift als Mitnehmer in das Loch der Spulenscheibe ein und hält das Garnende fest. Dann drückt man unter dem Spuler auf den Knopf an unteren Ende der Blattfeder, dabei springt das Abschaltblech gegen die Spule und der Gummiring liegt am Handrad an. Wenn die Mitnehmer-Klinke für die Armwelle ausgeklappt ist, kann man mit der Handkurbel zügig aufspulen. Ist genug Faden auf der Spule, schaltet es den Spuler durch selbsttätiges Wegdrücken des Abschaltbleches ab.

 

Die Stichlängenverstellung befindet sich links unter dem Spuler, nach rechts geschoben werden die Stiche länger. Die Stichlängen können zwischen 1 und 4 mm eingestellt werden, es gibt aber keine Markierungen. Durch Versetzen der Schraube nach rechts kann die Stichlänge begrenzt werden bzw. die kleinste Stichlänge nochmals reduziert werden. Am Stichlängenversteller befindet sich auch die Seriennummer der Maschine. Die Schraube davor fixiert die Maschine in der Holzgrundplatte vor unbeabsichtigtem Hochkippen und Klappern beim Kurbeln. 

 

Als Längschiffchen arbeitet ein Schiffchen der alten, seitlich offenen Bootsform, mit einerSpannungsfeder. Die Spule wird darin durch ein federndes Lager festgehalten. Das Garn sollte von der Schiffchenspitze her rechts herum abwickeln . Das Garn wird bei diesen Schiffchen über einen (eingesetzt unten liegenden) Steg von der Spule abgeleitet und über die Spule hinweg durch eine oben liegende Kerbe in der Schiffchenwand unter der Federspitze hindurchgeführt. Durch den Stofftransport wird der benötigte Unterfaden gegen den Federwiderstand herausgezogen. Die Unterfadenspannung kann bei diesem Schiffchen über eine winzige Schraube gegenüber der Feder an der Spitze reguliert werden. Dazu wird ein 1,5mm Schraubendreher benötigt. Für eine Verschlingung der Fäden in Gewebemitte muss die Oberfadenspannung entsprechend genau eingestellt werden. Das Schiffchen könnte, wenn es ganz rechts steht, durch Öffen des rechten Schiebers automatisch angehoben werden. Allerdings ist der dafür vorgesehene Nocken des Auswurfhebels bei dem vorliegenden Exemplar so abgeschliffen, dass er manuell betätigt werden muss. Der Schieber zieht das Schiffchen beim Öffnen sogar mit einem langen Haken von selbst in die rechte Position. Umgekehrt schliesst der Schieber, sobald das eingerastete Handrad in Nährichtung links gedreht wird. Der Unterfaden wird mit gleicher Technik wie bei allen anderen Nähmaschinen nach oben geholt.

 

Die Ölstellen sind durch offene Löcher ohne Gewinde im Maschinengehäuse markiert. Zusätzlich ist die Nadelstange am oberen Ende mit einm Tropfen Nähmaschinenöl zu versehen, wie auch die Gleitbahn des Transporteurs unter dem schmalen vorderen Schieber. Unter der Grundplatte sind alle drehenden Lager und Gleitbahnen regelmäßig alle paar Betriebstage zu ölen. Alle paar Monate sollte man die Gussplatte an der Rückseite abschrauben und das Kegelradgetrieb mit Fett versorgen. Auch der Spuler und das Handkurbelgetriebe haben entsprechende Ölstellen.

 

Der Maschine lag im Zubehörfach etliches Zubehör bei. Sogar ein uraltes Heftchen mit 339er Nadeln, der Schrift nach vielleicht sogar von der Erstausstattung. Es ist kein Hersteller angegeben. Aber nicht alle beiliegenden alten Nähfüße 1 Kapper und 2 Rollsäumer passten trotz gleicher Befestigung und Nadellage an die Maschine. Sie transportierten den Stoff nicht und gehörten wohl zu Singer-Maschinen, wo sie einwandfrei funktionieren. Zur Maschine passen die (von rechts nach links) auf der Gesamtansicht vorne sichtbaren Füsse:

• ein Kräuselfuß,

• ein Schnuraufnähfuß,

• ein Soutacheur,

• ein Kantenfuß mit angeschraubtem kurzem, verstellbaren Anschlaglineal. 

Ferner gehören, wie auf den Gesamtansicht dargestellt

• das angebrachte, hochgeschwenkte Wattierlineal, das durch ein Loch in der Stoffdrückerstange geführt und mit einer kleinen Klemmzwinge von hinten festgehalten wird, 

• der auf der Grundplatt angeschraubte verstellbare Säumer sowie

• ein Stoffkanten-Führungslineal und

• ein verstellbarer Bandeinfasser

dazu, die mit derselben Schraube befestigt werden können und neben dem Säumer liegen. Die Stoffdrückerstange erlaubt je nach Füßchen das Verarbeiten von Stofflagen bis zu 5 mm Gesamtdicke, sofern man die Kurbel gegen den Widerstand noch drehen kann. Das Nahtbild ist bei richtiger Einstellung so gut wie das vergleichbarer Singer- oder Pfaff-Maschinen. Längschiffchenmaschinen glänzen durch ihre geraden und lückenlosen Steppnähte. Dabei arbeitet die Gloriosa B extrem geräuscharm. 

 

Trotz der aufgezeigten Nachteile in der Konstruktion wurde die Gloriosa B für „die Ewigkeit“ gebaut, grobe Beschädigungen natürlich ausgeschlossen. Leider war bei dem Exemplar des Verfassers bei Anlieferung ein Transportschaden entstanden, der nur schwer repariert werden konnte. Zum einen war die Zierspitze auf der Nadelstange abgebrochen. Sie war mit einem kleinen Schaft in einer Bohrung oben in der Nadelstange eingepresst. Noch schlimmer, die Nadelstange war am oberen Ende um 1/10mm leicht verbogen, was sie klemmen liess. Die Schlagstelle ist auf dem Foto der abgenommenen Kopfplatte noch erkennbar. Sie konnte aber im Schraubstock mit Gegenlagen und Kontrolle mit Haarlineal vorsichtig gerichtet werden. Der Stahl ist relativ weich. Bei dem Sturz des Pakets war auch die Schraube zur Spannungsverstellung abgeknickt. Da Gewinde damals bei jeder Fabrik anders nach „Hausnormen“ mit Durchmessern und Gewindesteigungen nach den Möglichkeiten der vorhandenen Drehbänke und Bohrmaschinen und selbst herzustellendenWerkzeuge gefertigt wurden, war ein Ersatz nur durch sehr vorsichtiges Einpressen einer an sich nicht passenden Schraube von einer anderen Maschine mit vorher fast abgeschliffenen Gewinde in das harte Gusseisengewinde der Kopfplatte möglich. Leider hat die „neue“, etwas zu lange Schraube eineleicht abweichende Zierspitze. Der abgebrochene Rest der alten Schraube wurde in die wieder aufgebohrte Bohrung der Nadelstange als Ersatz für die Zierspitze eingeklebt, auch wenn diese ursprünglich keine Rändelscheibe hatte. Das Gesamtbild ist aber wieder stimmig. SolcherSchwierigkeiten in der Ersatzteilbeschaffung muss man sich bei Anschaffung einer solchen alten Maschine bewusst sein. Es gab 1902 noch keine Normteile, da die Normung gerade in den ersten Kinderschuhen steckte. Es fehlten auch die Garnrollenhaltestifte, die durch andere Stahlstifte ersetzt wurden. Auch der Stift zum Arretieren der Handkurbel in Betriebsstellung war längst abhanden gekommen. Dafür ist einfach eine dünnere, moderne Schraube durch die Bohrungen geführt und festgeschraubt worden. Irreversible Änderungen wurden aber vermieden, Wie beim Verfasser üblich,wurde die Maschine nur gereinigt und die Patina nur entfernt, wenn sie die Funktion und Haltbarkeit beeinträchtigt (Rost, Ölkrusten).

 

Trotz aller kleinen und größeren Herausforderungen ist es ein lehrreiches und interessantes Unterfangen, so einen Oldtimer zu restaurieren und der Nachwelt funktionsfähig zu erhalten – auch wenn der materielle Wert und reale Nutzen kaum vorhanden ist. Darauf zu nähen, ist aber ein Erlebnis. Die alten Maschinen erzählen uns vom Beginn der Restaurierung bis zum Erfolgserlebnis der ersten gelungenen Naht ein Stück Technikgeschichte, immer aber auch einige Stücke Sozialgeschichte, als „fortlebende“ Zeugen einer vergangenen Epoche. Sie lehren uns auch, manche heutigen Entwicklungen zu verstehen, da sich Geschichte immer irgendwie wiederholt. Vielleicht nicht gerade diese, aber andere Kurbelmaschinen eignen sich auch gut für Anfänger, auch für verständige Kinder und kleine, diffizile Arbeiten wegen ihrer geringen Nähgeschwindigkeit und geringeren Verletzungsgefahr. Da die rechte Hand beschäftigt ist, zupft man auch weniger am Stoff herum und führt in nur. Energieeffizienzklasse? A+++++++++++++++!

 

Die Gloriosa B kann ich wegen der geschilderten konstruktiven Nachteile mit teils unpraktischer Handhabung der Maschine im Vergleich zum damaligen Stand der Technik nur in die 2. Liga einordnen. Als offensichtlich preiswerte Maschine wurde sie von Haid und Neu wohl auch in dieser Klasse konzipiert. Darin würde ich ihr für ihre bewiesene, robuste Ausführung und vor allem für ihr präzises, sehr leises Nähverhalten aber die vollen 10 Punkte geben.

 

Eine sehr gute, allgemeine Bedienungsanleitung (wohl von Seidel und Naumann) für Langschiffchenmaschinen findet man bei „Die eiserne Mamsell“: 

http://www.naehmaschine-antik.de/technik-ls.html

 

Text: Harald Demmer

Haid & Neu Excella

Excella, Geradstich-Schwingschiffchennähmaschine, Flachbett, Fußantrieb, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (Bilder: A. Boekhoff)
Excella, Geradstich-Schwingschiffchennähmaschine, Flachbett, Fußantrieb, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (Bilder: A. Boekhoff)

Haid & Neu Excella (überarbeitet)

Haid & Neu Excella, Schwingschiffchen-Geradstichnähmaschine, Flachbett, Fußantrieb, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe ca. 1912 o. 1922 (Bilder: S. Tilling)
Haid & Neu Excella, Schwingschiffchen-Geradstichnähmaschine, Flachbett, Fußantrieb, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe ca. 1912 o. 1922 (Bilder: S. Tilling)

Haid & Neu Minerva

Haid & Neu Minerva, Schwingschiffchen-Geradstichnähmaschine, Flachbett, Fußantrieb, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe 1927 (Bilder: D. Dröschler)
Haid & Neu Minerva, Schwingschiffchen-Geradstichnähmaschine, Flachbett, Fußantrieb, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe 1927 (Bilder: D. Dröschler)

Die Besitzerin dieser Schwingschiff-Nähmaschine lebte, seit ich denken kann, in einer sächsischen Kleinstadt. Sie zeigte uns gern ihre Nähmaschinen und erwähnte das sie die abgebildete Maschine einst von ihrer Schwester aus Rheinland-Pfalz erhalten habe. 

Die ältere Dame nähte jahrelang Hosen, Kleider, Vorhänge und allerlei Accessoires für Bekannte, Nachbarn und sich selbst. Als sie 1998 verstarb, hinterließ sie uns die gut erhaltene, in goldenem Blumenmuster verzierte Nähmaschine. Ich hatte damals keine Erfahrungen mit dem Nähen und so verharrte die Minerva einige Jahre in unserem Keller. Nachdem ich ins schöne Thüringen, in die Nähe des Harzes, umzog, bekam auch die dekorative eiserne Mamsell ihren Platz im neuen Zuhause. Doch schon bald überkam mich die Neugier: Ob die Maschine wohl noch näht? Nach vielen Stunden des Erkundens und Experimentierens mit der robusten Technik, dem Schwingschiffchen, der Fadeneinstellung und unzähligen Internetrecherchen, habe ich mir die grundlegende Handhabung und Funktionsweise angeeignet. Ich begann jeden Tag zu nähen, obwohl ich noch nie zuvor an einer Nähmaschine gearbeitet hatte. 

Die Minerva Schwingschiffchen-Nähmaschine näht im Geradstich und besitzt eine Rückwärtsnähfunktion. Die Stichlänge lässt sich auf einer Skala von 0 bis 4 einstellen. Sie näht tadellos, gleichmäßig und setzt keine Stiche aus. Sie bewältigt selbst schwere Stoffe wie Vorhänge und Jeansstoff mühelos. Auch Kederband aus dickem, starren Polyestergewebe näht sie mühelos an den Markisenstoff. Doch auch Gardinen und dünnere Stoffe werden flüssig transportiert und das Stichbild ist einwandfrei.

Ich verwende handelsübliche 130/705H Flachkolbennadeln sowie die alten Nadeln, die der Maschine beilagen. Für langsames Nähen drehe ich das Handrad zu mir hin. Ansonsten lässt sich die Geschwindigkeit sehr gut und leichtgängig über das Fußpedal steuern. Es kommt jedoch vor, das Schwung- und Handrad bei Beginn des Nähvorgangs entgegen der Richtung nach hinten schwingen. Kurz darauf reißt sehr häufig der Oberfaden. Abhilfe schafft das leichte Anschieben des Handrades in die gewünschte Richtung zu Beginn des Nähens.

Die Minerva verfügte über eine Auswahl an Zubehör wie beispielsweise verschiedene Füßchen, ein Ersatzschiff sowie eine Ersatzspule, eine Vielzahl an Garnen, einen Zickzack-Rändel-Apparat der Marke Recordia und verschiedene Nadeln. Die Schiffchen sind durch Drehung einer Schraube auf unterschiedliche Unterfadenspannungen und Garnstärken einstellbar. Ich habe auch neue Nähgarne gekauft, musste jedoch feststellen, dass deren Reißfestigkeit mich oft nicht überzeugt. Der Anbau des Zickzack-Rändelapparats gestaltet sich trotz vorhandener Bedienungsanleitung schwierig, sodass ich ihn noch nicht testen konnte.

Die Nähmaschine ist ca. 32 cm breit und 20 cm hoch und damit recht kompakt. Ihre Handhabung erfordert etwas Übung, macht jedoch sehr viel Spaß. Auch meine zehnjährige Tochter fertigte sich bereits Zierkissen und Taschen an und ist jedes mal über die Erfolge begeistert. 

 

Text: D. Dröschler

Haid & Neu

Haid & Neu, Geradstich, Flachbett, Fußantrieb, Motoranbau möglich, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (Bilder: I. Naumann)
Haid & Neu, Geradstich, Flachbett, Fußantrieb, Motoranbau möglich, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (Bilder: I. Naumann)

Beschreibung

Unter der Marke "Haid & Neu", wurden bis 1964 begehrte Haushaltsnähmaschinen hergestellt. Die hier gezeigte Geradstich Nähmaschine mit CB-Greifer und dem Nadelsystem 705 wurde Anfang der 30er Jahre gebaut. Es ist eine stabile Maschine, ihr Guss ist aus Eisen und sie wiegt ca 12 kg. Sie macht ihre Arbeit nach so vielen Jahren immer noch perfekt. Sie liefert eine saubere Naht und ist für alle Stoffe einsetzbar. Der Greifer befindet sich auf der linken Seite, und somit wird die Nadel von links nach rechts eingefädelt. Wenn ich einen Testbericht schreibe, wie z.B. diesen hier, dann hänge ich einen Anbaumotor an, nähe mit ihr und bin begeistert von der einwandfrei funktionierenden Mechanik. 
Das zu dieser Maschine gehörende Eisengestell wird von ihren ehemaligen Besitzern zur Dekoration genutzt. Diese "Haid & Neu" mit Deckel ist heute Teil meiner Sammlung und hat ihren Platz bei den anderen wertvollen Oldies. 
Es ist eine Maschine, die bei mir zur 1. Liga gehört, auf meiner Skala von 1 bis 10. erhält sie 10 Punkte. 
Vorteile

CB-Greifer, Nadelsystem 705, kann in jeden Nähmaschinenschrank eingebaut werden
Nachteil

Besitzt nicht die normale Vorrichtung für einen Anbaumotor


Text: I. Naumann

Haid & Neu Torpedo

Haid & Neu Torpedo, Geradstich, Flachbett, Fußantrieb, Motoranbau möglich, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (Bilder: E. A. Anhuth)
Haid & Neu Torpedo, Geradstich, Flachbett, Fußantrieb, Motoranbau möglich, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (Bilder: E. A. Anhuth)

 

Diese Geradestich-Nähmaschine von Haid & Neu ist ähnlich der Singer 215G aufgebaut und auch in ihrer Leistung vergleichbar, nur der Greifer ist hier etwas lauter. Sie besitzt den heute noch üblichen CB-Greifer (die handelsüblichen Spulen aus Kunststoff oder Metall für CB-Greifer passen) und benötigt die üblichen Flachkolbennadeln (System 705).

Laut Bedienungsanleitung gibt es diese Maschine in zwei Varianten: a) Maschine mit Kurvenfadenhebel und b) Maschine mit Gelenkfadenhebel.

Die Vorrichtung zum Unterfadenaufspulen spult sowohl die alten Metallspulen als auch die neuen aus Metall und Kunststoff gleichmäßig auf.

Ihr Stichbild ist sauber, ohne Aussetzer und auch stärkeres Leder schafft sie mühelos.

 

Text: E. A. Anhuth 

Haid & Neu LZ

Hayd & Neu LZ, ZZ-Flachbettnähmaschine, Motoranbau möglich, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (Bilder: M. Bleich)
Hayd & Neu LZ, ZZ-Flachbettnähmaschine, Motoranbau möglich, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (Bilder: M. Bleich)

Die Haid & Neu Zick-Zack-Nähmaschine der Klasse LZ besitzt die schöne und geschwungene Bauform der Geradestichvariante Modell "Torpedo".

Das Nahtbild ist sehr sauber und sie näht bis 4mm Stichlänge und Stichbreite. 

Beim Arbeiten fiel mir sofort das weiche und ruhige Nähverhalten auf. 

Sie besitzt einen CB-Greifer und die Möglichkeit, einen Anbaumotor nachzurüsten.

Äußerlich erinnert sie beim ersten Betrachten an die Singer 216. 

Die Haid und Neu hat die größte Stichbreite, wenn man den Hebel nach links schiebt.

Flachkolbennadeln des System 705 sind leicht zu bekommen. Sie hat einen versenkbaren Transporteur. Die Maschine benötigt sogenannte Hochschaftfüßchen. Das heißt, diese sind höher als z.B. die normalen Singernähfüße. Dadurch hat man eine sehr gute Sicht auf das Nähmaterial. Die Maschine enthält keine Kunststoffbauteile und zählt für mich zu den langlebigen Nähmaschinen. Allerdings benötigt sie, wie alle Nähmaschinen, etwas Wartung und Pflege. Man sollte ihr ab und an einige Tropfen Öl und einen Spritzer Fett gönnen, dann hat man lange Freude an ihr.

 

Text: Michael Bleich

Mercedes de Lux

Mercedes de Lux, Automatic mit Schablonen, Flachbett mit Anbaumotor o. Fußantrieb Hersteller:  Haid & Neu - Tochtergesellschaft, Maschinenbau Betz GmbH, Offenbach, Seriennummer 4 596 711  (Bilder: I. Naumann, M. Bleich)
Mercedes de Lux, Automatic mit Schablonen, Flachbett mit Anbaumotor o. Fußantrieb Hersteller: Haid & Neu - Tochtergesellschaft, Maschinenbau Betz GmbH, Offenbach, Seriennummer 4 596 711 (Bilder: I. Naumann, M. Bleich)

Beschreibung

Die "Mercedes de Lux"-Haushaltsnähmaschine gehört zu den letzten Maschinen, die ab 1960 bis 1964 von Haid & Neu konstruiert und gebaut worden sind. Der Vertrieb dieser Maschinen erfolgte, wie bei anderen Herstellern auch, über das Versandhaus Quelle. Aus ökonomischen Gründen stellte Haid & Neu 1964 die Produktion ihrer hochwertigen Nähmaschinen ein.  Die Konstrukteure der Mercedes de Lux haben ihr nicht zu Unrecht den viel versprechenden Namen gegeben. Die hier gezeigte Maschine zeichnet eine hohe Qualität aus, die gesamte Bauweise ist sehr stabil, ihr Gehäuse ist aus Eisen, die gesamte Mechanik ist aus Metall, nur die Lampenabdeckung, das Handrad und die Armaturen sind aus Kunststoff. 

Es wurden aber nicht alle Mercedes de Lux-Nähmaschinen in dieser Bauweise produziert,
es gibt auch Modelle, bei denen das Zahnrad für den Schablonenantrieb (siehe Fotos ab Nr 18) zum Teil aus Kunststoff besteht.
Heute nach über 50 Jahren besteht dafür die Gefahr, dass es zerbröselt, weil die Lebensdauer dieses Kunststoffmaterials erreicht ist.  
Sie besitzt keinen Steuergurt sondern nur stabile Pleuel, sie arbeitet mit dem CB-Greifer und benötigt die Nadeln des Systems 705. Die Mercedes de Lux näht sehr sauber, ihr Nähverhalten ist kraftvoll, leise und leichtgängig. Die Maschine kann bei guter Pflege zu den langlebigen Nähmaschinen gehören. 
Bei mir gehört die Mercedes de Lux in die 1. Liga, weil das Handrad aus Kunststoff ist, kann ich ihr leider nur 9 Punkte auf meiner Skala von 1 - 10 geben.  

Vorteile

CB- Greifer, Nadelsystem 705

Nachteile

Gewicht von 17 kg, Handrad aus Kunststoff, Kunststoffteile in der Mechanik


Text: I. Naumann

Torpedo Unimatic

Torpedo Unimatic,  Automatik mit Schablonen, Flachbett-Schrank-Nähmaschine mit Anbaumotor, Fußantrieb möglich, Hersteller: Haid & Neu, Tochtergesellschaft Maschinenbau Betz GmbH, Offenbach (Bilder: I. Naumann)
Torpedo Unimatic, Automatik mit Schablonen, Flachbett-Schrank-Nähmaschine mit Anbaumotor, Fußantrieb möglich, Hersteller: Haid & Neu, Tochtergesellschaft Maschinenbau Betz GmbH, Offenbach (Bilder: I. Naumann)

Hier sehen sie eine schablonengesteuerte Automatik-Haushaltsnähmaschine aus dem Hause Haid & Neu, die als „Torpedo Unimatic“ Ende der 50er Jahre von der Tochtergesellschaft Maschinenbau Betz in Offenbach gebaut wurde. Dieses Modell gibt es von Haid & Neu auch unter dem Namen: „Haid & Neu Primatic“ und wurde in Karlsruhe gebaut. Bis auf den Namen sind die Maschinen baugleich. Aus dieser Baureihe ist auch die Anfang der 60er Jahre gebaute und von Quelle vertriebene „Mercedes de Lux“. Die bei den 3 Modellen zum Einsatz kommenden Schablonen sind in der Größe identisch und können in dem jeweils anderen Modell eingesetzt werden. Vergleicht man so eine Nähmaschine mit einer Singer 316G, dann stellt man in der Mechanik sowie bei der Bedienung dieser Maschinen große Ähnlichkeiten fest, die Schablonen von Singer (oder Haid&Neu) passen allerdings nicht in die jeweils andere Nähmaschine, bei der Singer-Schablone ist die Öffnung für die Befestigung größer. Entsprechend der Bauweise und des zum Einsatz kommenden CB-Greifers haben die Maschinen von  Haid & Neu das gleiche angenehme, kräftige und perfekte Nähverhalten. Die Maschinen sind stabil gebaut, es sind schwere Nähmaschinen, komplett aus Metall. Sie besitzen eine hochwertige Mechanik, die für eine lange Nutzungsdauer ausgelegt ist. Es sind Nähmaschinen mit einem Komfort, der auch der Hobbyschneidern aus dem 21. Jahrhundert viel Nähvergnügen bereiten kann. Bei mir nimmt die „Torpedo Unimatic“ einen Platz in der 1. Liga ein, und sie erreicht unter den vergleichbaren Nähmaschinen, entsprechen ihrer für die Ewigkeit ausgelegten Bauweise, auf meiner Skala von 1 bis 10, 10 Punkte.  

Vorteile

überschaubare Bedienung, leichtgängige Mechanik, CB-Greifer, Nadelsystem 705-H/130, 

Hochschaftfüßchen, Gehäuse aus Gusseisen, Lampentür aus Aluminium, Armaturen aus Metall, versenkbarer Transporteur

Nachteile

schwere Nähmaschine, Gewicht mit Motor 18 kg

Hinweis: benötigt für eine lange, leichtgängige Nutzung immer gute Pflege


Text: I. Naumann

Haid & Neu LZ (neue Ausführung)

Haid & Neu LZ, Zickzack, Flachbett, Anbaumotor, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (BIlder: T. Schumacher)
Haid & Neu LZ, Zickzack, Flachbett, Anbaumotor, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (BIlder: T. Schumacher)

Im Grunde ist die" Haid & Neu LZ"  Gerad- und Zickzack Nähmaschine eine typisch solide  Ganzmetall-Bauart der Mitt-50er: Grau-Guss Korpus , CB-Greifer mit Pleuel-Antrieb und  fettgeschmiertem Stahl-Winkelgetriebe sowie robustem 80 Watt-Alu-Sattelmotor mit nachschmierbaren Lagern und leicht wechselbaren Kohlen.

Und doch hat sie eine  gelungene elegante Form und für die Zeit mal eine schöne Kontrast-Farbe zu dem gängigen Schwarz .

Einige Details wie die geteilte Stichplatte in Schieberichtung vor dem gut zugänglichen CB-Greifer , die integrierte Lampe und drei  gut verteilte Guss-Standfüsse , die die Maschine auch ganz solo  ohne Untergestell aufstellbar machten – hatte noch lange nicht jede Maschine dieser Epoche!

Ich finde es ganz angenehm, wenn man die Spulenkapsel wagerecht durch den Schieber einsetzen kann, da  fällt einem  die Spule nicht schon beim Einsetzen voraus! Bei vielen Anderen aus der Epoche gibts fast einen Fingerknoten oder man muss halt die  Maschine schräg aufkippen.

Außer elektrischen Isolatoren , dem Keilriemen und dem Lack hab ich kein Kunststoffteil mehr an ihr gefunden , auch alle Schaltgriffe sind aus Metall!

Die Maschine näht sauber und leise in  ihren beiden Grundstichen , vorwärts wie rückwärts. Verschleiß ist nach Ihren gut 65 Jahren, ausser an den Zierlinien und ein paar wenigen Lackabplatzern, keiner  feststellbar!

Einzig die Mittenverstellung der Nadel ( kl. silberner Drehknopf mittig ) war im Achslager verharzt, was einigen Aufwand  fürs gängig machen erforderte.

Sie auf starke Materialien zu trimmen war nicht allzu schwer:  140er Nadeln , Fadenspannungen auf guten  20er-40er Polyester-Faden  justiert . Evtl. ein  Universal- Rollenfuss  aus Ebay hinzu , damit läßt sich dann auch mehfach gelegte schwere LKW-Plane oder festes Leder nähen!

Sie braucht Flachkolben-Nadeln des Typs 705, als Stärken werden 70-120 in der Gebrauchsanleitung angegeben, 140er gehen meiner Erfahrung nach auch noch.

Eine 2. Stichplatte mit Rundloch für Geradstich an feinen Stoffen, sowie etliche Nähfüßchen waren ebenfalls dabei. Die Füßchen (sog. Hochschaftfüßchen) sind höher als bei den Singer-Maschinen . Der Transporteur ist für Stickarbeiten und ähnliches versenkbar.

Gewicht ohne Anlasser: ca 15,2 Kg, Maße Grundplatte 17,5 x 37cm, Freiraum rechts von der Nadel 19,5cm.

Ich würde ihr ebenfalls 10 Punkte geben.


Text: T. Schumacher


Haid & Neu Primatic

Haid & Neu Primatic, Flachbett-Haushaltsnähmaschine, Automatik mit Schablonen, Anbaumotor, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (BIlder: M. Bleich)
Haid & Neu Primatic, Flachbett-Haushaltsnähmaschine, Automatik mit Schablonen, Anbaumotor, Hersteller: Haid & Neu AG, Karlsruhe (BIlder: M. Bleich)

Die Haid & Neu PRIMATIC-Nähmaschine kam ohne Bedienungsanleitung und mit Transportschaden bei mir an. Glücklicherweise war dieser leicht zu reparieren. 

Die Garnrollenhalter aus Metall waren verbogen. Diese wurden ausgebaut und auf einem kleinen Amboss gerichtet. Zudem waren die Kabel am Fußpedal defekt und mussten neu angebracht werden (die alte Buchse für das Nählicht muss noch gewechselt werden.)

Danach begann das große Säubern der Nähmaschine. Das alte Fett der Kegelzahnräder musste ausgetauscht werden, sämtliche verharzten Bauteile wurden mit Brennspiritus behandelt und anschließend wurden alle Teile wieder geölt. 

Die Nähmaschine zeigt ein kräftiges aber leises Nähverhalten.Die Einstellung ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Bei der Stichbreiten-Einstellung erkennt man oberhalb die römischen Zahlen I und II. Stellt man auf römisch I, kann man den Stichbreiten-Einstellhebel im Bereich von 1 bis 3 mm bewegen. Stellt man auf römisch II, kann man den Stichbreiten-Einstellhebel im Bereich von 3 bis 5 mm bewegen. Zieht man den kleinen Knopf auf dem Stichbreiten-Einstellhebel heraus, kann man alle Bereiche von 0 bis 5 mm einstellen. Die Stichlängenverstellung ist einfach und praktikabel und ist bis 4 mm stufenlos einstellbar. Leider lässt sie sich nicht so leicht anhand der Skala einstellen. Da muss man leider etwas probieren, bis man die Stichlänge eingestellt hat, die man sich wünscht. Im Vergleich mit der Anker Phoenix 498 Duplomatic hat sie hier deutlich einen kleinen Nachteil. 

Die Primatic-Nähmaschine von Haid & Neu näht Gerade, Zickzack und mit Hilfe der schwarzen Nähschablonen 12 weitere Stiche. Sehr schön ist der genähte Zickzack (Scheibe Nr. 5). Optisch gefällt mir die Nr. 9 ganz gut. Um die Nähschablonen nutzen zu können, muss die Automatik auf EIN gestellt werden. Dazu muss man den kleinen silbernen Hebel (im Bereich der Schablonenklappe) nach links stellen. Dann bewegt sich ein kleiner Bolzen nach vorn, dieser tastet dann den Rand der Schablone ab und erzeugt so die entsprechende Naht / Ziernaht. Leider ist der Schriftzug dafür auf der Klappe, hinter der die Schablonen einzeln eingelegt werden, schlecht zu erkennen. Bei einer anderen Maschinenlackierung kann dies anders sein.  

Von der Mercedes de Luxe Nähmaschine hatte ich noch weitere Nähschablonen in grün. Auf dem ersten Blick sehen diese gleich aus. Doch bei einem zweiten Blick ergibt sich ein kleiner, aber wichtiger Unterschied. Die Schablonen werden auf die Welle gesteckt und der „Tunnel“ in den Schablonen ist bei den originalen Haid-Neu-Nähschablonen mit einer Kugellauf-Rille versehen. Bei den grünen Nähschablonen fehlt diese. Dies führte dazu, dass sich die nicht originalen grünen Nähschablonen von der Welle lösten und die Nähmaschine in den Geradstich wechselt (siehe Naht Nr. 14). Man kann die grünen Schablonen dennoch nutzen. Dies gelingt durch Auflassen der Klappe und mit Andrücken der Schablone durch leichten Fingerdruck. Das ist etwas umständlich, geht aber. Sollte man einen Helfer haben, übernimmt dieser das Andrücken. 

Zubehör ist reichlich dabei. Besonders viele Nähfüße, dadurch können viele Näharbeiten bestens ausgeführt werden. Die Maschine benötigt sogenannte Hochschaftfüßchen. Das heißt, diese sind höher als z.B. die normalen Singernähfüße. Dadurch hat man eine sehr gute Sicht auf das Nähmaterial. Der Transporteur ist versenkbar. 

Die Maschine besitzt eine Vorrichtung um einen Motor anzubauen, jedoch passt nicht jeder Motor. Es werden handelsübliche Flachkolben Nadeln (Typ 705) benötigt, diese sind einfach einzusetzen. 

Das Gehäuse und die Mechanik der Maschine sind vollständig aus Metall. Die Maschine besitzt stabile Pleuel und auch das Schneckenzahnrad, welches die Schablonenwelle antreibt, ist aus Metall. Die Schablone für den Zickzack ist fest eingebaut und aus Metall. Nur die schwarzen Nähschablonen sind aus langlebigem Kunststoff. Daher zählt sie für mich zu den langlebigen Nähmaschinen.

Allerdings benötigt sie, wie alle Nähmaschinen, etwas Wartung und Pflege. Man sollte ihr ab und an einige Tropfen Öl und einen Spritzer Fett gönnen, dann hat man lange Freude an ihr.

Die Maschine bekommt trotz der hier genannten leichten Nachteile (geringe Lesbarkeit des EIN / AUS und der Stichlängenverstellung) auf einer Skala von 1 bis 10, 10 Punkte.

 

Text: Michael Bleich

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