Rud. Ley Maschinenfabrik Arnstadt i.Th. 

Die heute als Industrielle Revolution bezeichnete Epoche um die Mitte des 19. Jahrhunderts war bei genauer Betrachtung wohl eher eine Zeit des hemmungslosen Nachbauens hauptsächlich amerikanischer Geräte und Maschinen. In dieser Zeit wurde das Know-how für die dann folgende eigenständige technisch-industrielle Entwicklung im deutschen Kaiserreich gesammelt. Neben Fahrrädern war es vor allem die aus Amerika kommende Nähmaschine, die viele junge und aufstrebende Schlosser reizte, diese nachzubauen. Auch Rudolph Ley (http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Ley) konnte nicht wiederstehen.

 

Von Freiburg (Schlesien) aus begab sich Ley nach seiner Schlosserlehre auf Wanderschaft und bekam schließlich 1859 in Arnstadt (Schwarzburg-Sondershausen) beim Meister Eduard Schmidt eine feste Anstellung. Nach mehreren schweren Schicksalsschlägen gab Schmidt sein Handwerk im Jahre 1868 auf und Rudolf Ley übernahm die Firma, die er als "Rud. Ley Maschinenfabrik" ins Handelsregister eintragen ließ. Von nun an ging es voran. Neben Fahrrädern wurde bald mit Nähmaschinen aus eigener Produktion gehandelt. Die Frau des Firmenchefs gab Unterricht an den Maschinen und das Unternehmen konsolidierte sich.

 

Rudolf Ley begnügte sich aber nicht allein mit dem Nachbau der Maschinen. Er wollte mehr.

Ley bemerkte, daß die Arbeitshöhe des Nähmaschinentischs nicht für alle Frauen ideal war.

Eine Höhenverstellung musste her. Aus heutiger Sicht scheint die Umsetzung dieses Gedankens simpel – der damalige Antrieb via Fußhebel, Pleuel und Riementrieb ist jedoch nicht ohne weiteres flexibel. Ley gelang es dennoch, eine technische Lösung zu finden und erreichte damit einiges an Beachtung. Damit seine Lösung nicht ohne weiteres nachgebaut werden konnte, meldete er den höhenverstellbaren Tisch zum Patent an – weltweit.

Am 14. Februar 1880 wurde Ihm vom Kaiserlichen Deutschen Patentamt das DRP 11186 zuerkannt und am 11. April 1882 wurde das US Patent 256338 wirksam.

 

Wirklich reich ist Ley mit seinen Nähmaschinen nicht geworden. Neben der Konkurrenz der unzähligen deutschen Mitbewerber gab es auch noch Marktführer Singer. Die produzierten jetzt in Deutschland und konnten durch Massenproduktion zu günstigsten Preisen anbieten.

Und Singer hatte noch ein Ass im Ärmel: Mit dem Konzept der Ratenzahlungen, ließ Singer schließlich alle Mitbewerber weit hinter sich.

 

Der aufstrebende Rudolf Ley (inzwischen schrieb er seinen Vornamen ohne ph) hatte da aber bereits das nächste Objekt zum Nachbauen entdeckt: die Schuhpflockmaschine. Diese Maschine, mit der Schuhsolen mittels Holzstiften am Oberleder des Schuhs befestigt wurden, stammte natürlich auch aus den USA und war hier und da schon einmal auf Ausstellungen oder in Fachzeitschriften zu sehen. Rudolf Ley war 1885 nun der erste, der diese Maschinen in Deutschland baute und bald so weit verbessert hatte, daß sie alle amerikanischen Systeme übertrafen. In die Typenschilder dieser Maschinen wurde die folgenden 60 Jahre stolz der Schriftzug "Erste Deutsche Schuhpflockmaschinenfabrik" eingeprägt.

 

Leys Sohn Alfred (http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Ley) war von gleichem Holz. Er erweiterte die Firma noch vor der Wende zum 20. Jahrhundert um den Elektromaschinenbau und ein Elektrizitätswerk.

 

Die Firma Ley beherrschte durch den Bau verschiedenster Maschinen bald alle damals modernen Fertigungsverfahren, wie Gießereitechnik, spanende Formgebung, sowie das traditionelle Umformen. Es mussten Baugruppen wie Rahmen- und Gehäusekonstruktionen, Kupplungen, Bremsen, Kurven- und Nockengetriebe, Fußhebelwerke und anderes in hoher Präzision gefertigt werden.

 

1901 starb Rudolf Ley 61jährig und Alfred Ley – anfangs gemeinsam mit seinen Brüdern – übernahm die Firma. 

Mit diesem umfangreichen Firmen-Know-how drängte es sich nahezu auf, sich am damals modernsten Industrieprodukt zu versuchen: dem Automobil. Hier befand sich Ley inmitten einer ganzen Riege von Produzenten, bei denen die 2. Generation den Staffelstab übernommen hatte und die heute sowohl dem interessierten Nähmaschinenfreund, als auch dem Oldtimerkenner gleichermaßen bekannt sind. Die Namen Dürkopp, Adler, Opel oder Stoewer sprechen für sich. Ley war nach gelungener Premiere auf der Automobilausstellung 1905 in Berlin 30 Jahre lang auch einer der führenden deutschen Automobilproduzenten und einiges, was es zuerst als Neuheit beim Ley Automobil gab, ist heute als Selbstverständlichkeit in jedem unserer Autos zu finden.

Das ist aber eine ganz andere Geschichte, die nachzulesen unter www.ley-automobile.de durchaus lohnt.

 

Der Autor, Enkel von Alfred Ley, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Firmengeschichte mithilfe der heute zugänglichen Quellen aufzuarbeiten und ist dabei auch auf etliche, teils recht massive, Ley Produkte gestoßen, die die Wirren der Zeiten überstanden haben. (https://maps.google.de/maps/ms?msid=208222749656926941135.0004be6b14c4fdc6f2e98&msa=0)

 

Die bereits erwähnten Patentschriften zum versenkbaren Nähmaschinentisch und die Reaktion darauf in der einschlägigen Fachliteratur waren schon seit einiger Zeit wieder bekannt und zugänglich. Um so größer war die Freude, als 2014 tatsächlich eine Ley Nähmaschine auftauchte, die dazu auch noch auf dem patentierten Tisch montiert ist. 

Die Bilder geben einen ersten Eindruck von der Maschine, die nach dem Erwerb noch auf eine Aufbereitung wartet.

 

Der kleine Ausflug in die Historie sollte Grund genug sein, die Maschine und auch die Rud. Ley Maschinenfabrik Arnstadt/ i.Th. in das Nähmaschinenverzeichnis aufzunehmen.

 

 

26. März 2014 Manfred Kaiser

 

 

 

 

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